178

41148. An Christoph Ludwig Friedrich Schultz

Ein freundliches Lebenszeichen, welches vor kurzem erhielt und mir den Beweis gab, daß der verehrte Freund sich, auch in gegenwärtiger Abgeschiedenheit, immer thätig verhalte und sich für würdige Gegenstände fortwährend interessire, war mir höchst erfreulich. Also zu schneller Erwiderung! Was die antike Rustica betrifft, darf ich ein altes, von mir für römisch durchaus geachtetes Monument, den viereckten Thurm auf der Festung zu Eger, anführen. Hier ist nun diese Art, vier Seiten des Steins zu behauen, recht am Platze, da nämlich, wo sie unmittelbar an einander stoßen, die fünfte äußere nur so viel, als zur richtigen Fügung nöthig ist, zu bearbeiten, die innere sechste ganz roh zu lassen. Bey einem äußerst festen Gestein, einem lavaähnlichen Basalt, gab sich die Sache ganz natürlich und macht, wie alles Gute und Nützliche, wohl auch durch den mannichfaltigen Anblick eine treffliche Wirkung. Ich lege ein Stück von dem Gestein bey, woraus das Zweckmäßige gedachter Mauerart hervorgeht.

Das neue Heft von Kunst und Alterthum empfehle ich zu herkömmlich freundlicher Aufnahme. Die Herausgabe meiner sämmtlichen Werke, wovon einige Anzeigen beyliegen, hielt mich ab, früher damit hervorzutreten, indessen hoffe, daß ich meine Zeit auch zur Freude meiner werthen Abwesenden verwendet habe, [ Gräf Nr. 1414: wie ich denn besonders die ersten fünf Bände vorzüglich auszustatten glücklich genug bin. ]

In die Natur konnt ich nur Seitenblicke werfen, aber auch so schon haben sich meine früheren Ansichten bestätigt und erweitert. An Mitarbeiter ist in dieser wunderlichen Zeit nicht zu denken; jeder will sich den Weg durch den Wald selbst durchhauen und denkt nicht, daß er sich und anderen größeren Vortheil brächte, wenn er den einmal eingeleiteten recht gut chaussirte und fahrbar machte. Ist mir ein längeres Leben gegönnt, so hoff ich noch manches so zu stellen, daß es den Nachkommen zu Gute gereiche, d. h. daß die wahre Ansicht sich nur durch den practischen Nutzen bewähre.

Baldige Erwiderung hoffend, das Weitere nächstens zusagend.

treulich

Weimar den 28. September 1826.

Goethe.