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Weimar den 24. Januar 1808.

Für Ihren freundlichen Brief am Schlusse des vorigen Jahres, den ich nebst der inliegenden Anweisung auf 300 Taler 96erhalten, danke ich zum allerschönsten, nicht weniger für den Kredit, den Sie mir auf eine größere Summe mit freundschaftlicher Vorsorge machen wollen. Sollte mich der Augenblick nötigen, so mache ich Gebrauch von Ihrer Gefälligkeit. Freilich sind wir in eine Lage versetzt, die wir uns vor ein paar Jahren nicht träumen ließen. Was man sonst für die Zukunft berechnete, verzehrt nun die Gegenwart und man muß, um seinen Humor zu retten, fast wieder so liederlich denken, wie in Studentenjahren.

Uebrigens habe ich nicht zu klagen. Mein Befinden diesen Winter war gut und ich habe manches mit Vergnügen gearbeitet, woran ich Vergnügen finde, da es fertig ist; ein Fall der bei mir nicht immer vorkommt.

Die Probe vom Steindruck ist wirklich sehr merkwürdig, so wie mich die in dem Morgenblatte schon in Verwunderung gesetzt hat

24 Beilage zum Morgenblatt 1807, Nr. 296.

.

Für dieses Blatt erhalten Sie hiermit eine Nachricht vorläufig von einem neuen Wernerischen Trauerspiel

25 Wanda, Königin der Sarmaten (Morgenblatt 1808, Nr. 32).

, nebst den Chören die in demselben vorkommen. Das Weitre folgt nächstens. Ich hoffe dieser merkwürdige Mann soll sich noch länger bei uns aufhalten. Er arbeitet unermüdet an der zweiten Auflage der Talsöhne und dem zweiten Bande des Kreuzes an der Ostsee. Vielleicht kann ich ihn auf eine oder die andre Weise zu Gunsten Ihrer Unternehmung determinieren ..

[ QuZ Nr. I-1017: Wenn Sie das Fragment von Faust auch einzeln wollen drucken lassen, so habe ich nichts dagegen. Je weiter es ausgesät wird, desto besser ist es. ]

Für den Damenkalender mußte sich denn wohl etwas finden; doch erlauben Sie mir eine Apprehension zu äußern, die ich gegen dieses Büchelchen hege. Es ist die Einrichtung, daß Kupfer, die nicht zum Text gehören, eingeschaltet werden. Es kann sein, daß andre nicht so empfindlich sind; aber ich leugne 97nicht, schon bei fremden Arbeiten macht mir’s ein peinlich Gefühl, wenn ich mit willigem Anteil einen artigen kleinen Roman lese und auf einmal ein ganz heterogenes Muttergottesbild oder eine Szene aus Wallensteins Lager mir in die Quere kommt. Verzeihen Sie diese Bemerkung. Ich habe aber lieber aufrichtig meine Idiosynkrasie bekennen wollen, als den Verdacht zu befürchten, daß ich aus Nachlässigkeit oder Unfreundlichkeit Ihre Wünsche nicht erfüllte.

Leben Sie recht wohl in Gelingen Ihrer vielen und mühsamen Unternehmungen.

(9. April 1808.)

Da ich voraussehe, daß ich Anfang Mai nach Karlsbad zu gehen habe, so will ich es doch in Zeiten melden, um von Ihnen zu erfahren, wann Sie hier eintreffen, weil ich fürchte Sie kaum erwarten zu können.

Die Gedanken über das Verhältnis der Schriftsteller zu den Verlegern habe ich mit Vergnügen gelesen und davon eine Abschrift genommen. Es kann nichts erwünschter sein, als daß diese Dinge zur Sprache kommen, und zwar durch einen Mann, der eben so viel Einsicht als liberale Gesinnungen hat.

Durch das Reiterlied

27 eine Prachtausgabe des Schillerschen Reiterliedes, das erste Produkt des neuen Steindruck-Instituts zu Stuttgart, an dem Cotta beteiligt war.

haben Sie eine gute Probe abgelegt, was der Steindruck vermag. Besonders wird er bei Nachahmung schraffierter Zeichnungen sehr große Dienste tun, wie die von München ausgehenden Albrecht Dürers einen schönen Beweis geben.

Den Faust, wenn Sie ihn auch einzeln drucken, möchte ich nicht mit Kupfern begleitet sehen, wenn sie auch noch so gut wären. Sie beschränken die Einbildungskraft des Lesers, die ich ganz frei erhalten möchte.

Die Ober- und Untergottheiten, die jetzt von allen Seiten hervortreten, scheinen freilich uns andre Sterbliche nötig zu haben, und ich leugne nicht, daß ihre fast unbedingten Anerbietungen einigermaßen reizend sein könnten. Doch habe ich alle Ursache mich zusammenzuhalten, ja zusammenzuziehen, wenn ich das einigermaßen leisten will, was mir vorsteht und vorschwebt. Den Wienern

28 Frhr. Leo v. Seckendorff und Joseph Ludwig Stoll, Herausgeber der Zeitschrift Prometheus (Wien 1808). Darin: Pandora.

habe ich das, in Betracht älterer Verhältnisse, ihnen zugesicherte kleine Stück noch nicht einmal ganz schicken können.

Daß die Redakteurs Ihres Morgenblatts, die doch sonst verständige Männer zu sein scheinen, auch es in manchen Punkten ganz läßlich nehmen, in andern wie z. E. gegen das Sonett eine so komische Aversion beweisen, ist mir unbegreiflich. Als wenn dem Genie und dem Talent nicht jede Form zu beleben freistünde. Ich habe ein halbdutzend Sonette von verschiedenen Freunden, die mir sehr wohl gefallen, in andre Blätter gegeben, da ich sehe, daß auch in diesem Jahre jene wunderliche ausschließende Aversion bei Ihnen fortdauert.

Werner ist nun von uns abgegangen. Eben von ihm rühren einige Sonette her, die man wohl unter das Beste wird zählen müssen, was in deutscher Sprache gedichtet worden. Mit seinen Verlagsverhältnissen scheint er in Berlin verwickelt zu sein ..

Und nun will ich noch zum Schluß für die Aeußerung danken, die Sie bei Anlaß des guten Abgangs meiner Werke tun

29 Eintragung in Cottas Honorarbuch (27. August 1808): »Für glücklichen Absatz

. Ich erkenne darin Ihre Gesinnungen, auf die ich von jeher das größte Zutraun setzte ..