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[um 15. 7. 1786]

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Avertissement über die Ausgabe von Goethes Schriften

(JD 3, 1786 St 6, 575–78)1:

[ QuZ Nr. I-23: Des Herrn G. R. von Göthe zu Weimar sämmtliche Werke in acht Bänden, bey Georg Joachim Göschen in Leipzig.

Ohnstreitig wird dem Publiko die Nachricht sehr angenehm seyn, daß der Herr Geheime Rath von Göthe zu Weimar sich entschlossen hat, eine vollständige Ausgabe seiner sämmtlichen Werke zu besorgen und in meinem Verlage herauszugeben. Lange schon wünschten seine Freunde und die Verehrer seiner Muse in und ausser Teutschland diesen Entschluß, und das Publikum sehnte sich nach mehrern Werken von dem Schriftsteller, den es schon von Anfange her unter seine Lieblingsdichter gestellt hatte; man raffte daher ohne sein Wissen zusammen, was man nur von ihm fand, oder glaubte, daß es von ihm seyn könne, druckte, und so entstanden die sogenannten Sammlungen seiner Werke2, 23darinn Sachen zusammengestellt wurden, die er theils nicht für seine Arbeiten anerkannt hatte1, theils offenbar andern Verfassern zugehörten2; und überdieß nicht zur Hälfte complet waren, weil das Meiste von den Herrn Verfassers Schriften bis jetzt noch ungedruckt lag.

Es sind eigene Veranlassungen, welche den Herrn Geheimen Rath von Göthe zu dem Entschluß bewegen, sich der Kinder seiner Muse selbst anzunehmen, und dem Publiko die erste, ächte und vollständige Ausgabe seiner sämmtlichen Werke von eigner Hand, zu schenken. Er erklärt sich selbst ausführlich darüber in einem Briefe an einen Freund, und es ist mir erlaubt von folgender Stelle daraus öffentlichen Gebrauch zu machen3:

„Ihnen sind die Ursachen bekannt, welche mich endlich nöthigen eine Sammlung meiner sämmtlichen Schriften, sowohl der schon gedruckten, als auch der noch ungedruckten, herauszugeben.

Von der einen Seite droht wieder eine neue Auflage, welche, wie die vorige, ohne mein Wissen und Willen veranstaltet zu werden scheint, und jenen wohl an Druckfehlern, und andern Mängeln und Unschicklichkeiten ähnlich werden möchte4; von der andern Seite fängt man an meine ungedruckten Schriften, wovon ich Freunden manchmal eine Copie mittheilte, stückweise ins Publikum zu bringen5.

Da ich nicht viel geben kann, habe ich immer gewünscht das Wenige gut zu geben, meine 24schon bekannten Werke des Beyfalls, den sie erhalten, würdiger zu machen, an diejenigen, welche geendigt im Manuscripte daliegen, bey mehrerer Freyheit und Muse den letzten Fleiß zu wenden, und in glücklicher Stimmung die unvollendeten zu vollenden. Allein dieß scheinen in meiner Lage fromme Wünsche zu bleiben; ein Jahr nach dem andern ist hingegangen, und selbst jetzt hat mich nur eine unangenehme Nothwendigkeit1 zu dem Entschluß bestimmen können, den ich dem Publiko bekannt gemacht wünschte.

Sie erhalten in dieser Absicht eine Vertheilung meiner sämmtlichen Arbeiten in acht Bänden.

Erster Band.

Zueignung an das deutsche Publikum. Die Leiden des jungen Werthers.

Zweyter Band.

Götz von Berlichingen. Die Mitschuldigen.

Dritter Band.

Iphigenie. Clavigo. Die Geschwister.

Vierter Band.

Stella. Der Triumph der Empfindsamkeit. Die Vögel.

Fünfter Band.

Claudine. Erwin und Elmire. Lila. Jeri und Bätely.

Die Fischerin.

Sechster Band.

Egmont, unvollendet. Elpenor, zwey Akte.

Siebenter Band.

Tasso, zwey Akte. Faust, ein Fragment. Moralisch politisches Puppenspiel.

Achter Band.

Vermischte Schriften und Gedichte.

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Von den vier ersten Bänden kann ich mit Gewißheit sagen, daß sie die angezeigten Stücke enthalten werden; wie sehr wünsche ich mir aber noch so viel Raum und Ruhe um die angefangnen Arbeiten, die dem sechsten und siebenten Bande zugetheilt sind, wo nicht sämmtlich doch zum Theil vollendet zu liefern; in welchem Falle die vier letzten Bände eine andere Gestalt gewinnen würden1. Das übrige werden Sie nach Ihrer gefälligen Zusage gütig besorgen.“

Da diese ausführliche Erklärung des Herrn Verfassers – welche zugleich das sicherste Certificat über die Aechtheit und meinen rechtmäßigen Besitz dieser Ausgabe ist – mich aller übrigen Erläuterung über die innere Einrichtung überhebt, so will ich blos das noch hinzufügen, was ich als Verleger dem Publiko dabey zu sagen habe.

Ich werde alles Mögliche thun, daß diese vortreflichen Werke auch ein ihrem innern Werthe entsprechendes Aeussere erhalten. Der Herr Verfasser hat klein Oktav zum Format gewählt. Sie sollen daher in solchem Format mit ganz neuen deutschen Schriften gedruckt, mit 8 Kupfern von Chodowiecki und 8 Vignetten von Meil geziert werden2.

Ohngeachtet ich sie mit Röm. Kayserl., Kön. Preuss. und Churf. Sächs. allergnädigsten Privilegiis drucken werde3, so finde ich doch nöthig mich bey dieser Unternehmung gegen die Räuberey unserer ehrlosen Nachdrucker, welche auf diese Beute gewiß lauren werden, durch den Weg der Subscription zu decken. Ich bin gewiß, der vortrefliche Herr Verfasser hat zu viele Freunde und Verehrer in und außer Teutschland, als daß nicht Viele davon, deren Zeit und Geschäfte es erlauben, ihm dies 26Zeichen ihrer Hochachtung gern geben, Subscribenten zu Sicherung dieser Ausgabe sammlen, und mir gütigst melden sollten. Die Subscribentenliste wird dem letzten Bande beygefügt werden1.

Der Subscriptionspreiß dieser Ausgabe in klein Oktav für alle 8 Bände, wovon jeder ohngefähr ein Alphabet stark werden wird, und wovon vier Bände auf Ostern und die andern vier zwischen Johannis und Michaelis 1787. geliefert werden2, ist 6 Rthlr. 16 Gr. in Louisd’or à 5 Rthlr. oder Ducaten à 2 Rthlr. 20 Gr.

Der Subscriptionstermin bleibt bis Ostern 1787 offen; mit Ende der Jubilate=Messe aber kostet das Werk 8 Rthlr. im Ladenpreiß.

Die Herren Subscribenten erhalten das Buch nicht allein wohlfeiler, sondern auch den Vortheil der ersten Abdrücke der Kupferplatten, welches ich als ehrlicher Mann verspreche. Den Liebhabern guter Kupfer, kann dieses Versprechen bey einer etwas starken Auflage nicht gleichgültig seyn. Die Zahlung der Subscription wird in der Ostermesse 1787. gänzlich entrichtet, und ohne den Empfang der Gelder kein Exemplar abgeliefert.

Ich ersuche alle Liebhaber der Göthenschen Muse, welchen dieses Avertissement zu Gesichte kommt, entweder sich bey mir unmittelbar, oder bey den Buchhandlungen ihres Orts, oder in Ermangelung derselben, bey den löblichenPostämtern wegen der Subscription zu melden. Die Herren Buchhändler und die löblichen Postämter bitte ich die Subscription anzunehmen, und verspreche erstern von der Subscription den völligen Rabat, welchen ich Ihnen von meinen übrigen Verlagsartikeln, die nicht auf Subscription gedruckt sind, gebe, und letztern eine namhafte Vergütung für ihre Bemühung.

An die Herren Nachdrucker. Ich kann es mir zwar leicht vorstellen, daß die hier angekündigten Werke auch eine ganz artige Spekulation für Sie seyn werden; allein erlauben Sie mir doch, meine Herren, Ihnen, ehe Sie zum Werk schreiten, die Versiche 27rung zu geben, daß ich auch schon ganz artige Maasregeln gegen Sie genommen habe, und Muth genug besitze mit Aufopferung meines ganzen Vortheils Ihre Hofnungen zu Wasser zu machen, wenn Sie mich in meinem rechtmäßigen Erwerbe durch Ihre unrechtmäßige Industrie zu stöhren gedenken. Besitzen Sie noch einigen guten Namen in der Welt, so heben Sie ihn gewiß durch eine solche Unternehmung gänzlich auf. Sie sollen so blamirt werden, daß Ihr eigenes Weib, Ihr eigenes Kind sie mit Verachtung ansehen und kein ehrlicher Mann mit Ihnen aus einem Kruge trinken soll.

Leipzig, im Monat Julius, 1786. Georg Joachim Göschen. ]