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1814.

Auf dem Theater sah man die Schuld von Müllner. Ein solches Stück, man denke übrigens davon wie man wolle, bringt der Bühne den großen Vortheil, daß jedes Mitglied sich zusammen nehmen, sein Möglichstes thun muß, um seiner Rolle nur einigermaßen gemäß zu erscheinen.

Die Lösung dieser Aufgabe bewirkte mehrere treffliche Vorstellungen von Romeo und Julie, Egmont, Wallensteins Lager und Tod. Alle Rollenveränderungen 88 die in diesen Stücken vorfielen, wurden benutzt zu sorgfältigen Didaskalien, um geübte und ungeübte Schauspieler mit einander in Harmonie zu setzen.

Indem man sich nun nach etwas Neuem, Fremdem und zugleich Bedeutendem umsah, glaubte man aus den Schauspielen Fouqué's, Arnims und anderer Humoristen einigen Vortheil ziehen zu können, und durch theatermäßige Bearbeitung ihrer, öfters sehr glücklichen und bis auf einen gewissen Grad günstigen Gegenstände sie bühnengerecht zu machen: ein Unternehmen welches jedoch nicht durchzuführen war, so wenig als bei den früheren Arbeiten von Tieck und Brentano.

[ Gräf Nr. 1262: Der Besuch des Fürsten Radziwill erregte gleichfalls eine schwer zu befriedigende Sehnsucht; seine genialische uns glücklich mit fortreißende Composition zu Faust ließ uns doch nur entfernte Hoffnung sehen, das seltsame Stück auf das Theater zu bringen. ]

Unsere Schauspielergesellschaft sollte wie bisher auch dießmal der Gunst genießen in Halle den Sommer durch Vorstellungen zu geben. Der wackere Reil, dem die dortige Bühne ihre Entstehung verdankte, war gestorben; man wünschte ein Vorspiel, das zugleich als Todtenfeier für den trefflichen Mann gelten könnte; ich entwarf es bei'm Frühlingsaufenthalte zu Berka an der Ilm. Als ich aber, durch Iffland unerwartet aufgefordert, das Erwachen des Epimenides 89 unternahm, so wurde jenes durch Riemer nach Verabredung ausgearbeitet. Capellmeister Weber besuchte mich wegen der Composition des Epimenides, über die wir uns verglichen.

Das Monodram Proserpina, wurde, nach Eberweins Composition, mit Madame Wolff eingelernt, und eine kurze, aber höchst bedeutende Vorstellung vorbereitet, in welcher Recitation, Declamation, Mimik und edelbewegte plastische Darstellung wetteiferten, und zuletzt ein großes Tableau, Pluto's Reich vorstellend und das Ganze krönend, einen sehr günstigen Eindruck hinterließ.

Das Gastmahl der Weisen, ein dramatisch Iyrischer Scherz, worin die verschiedenen Philosophen jene zudringlichen metaphysischen Fragen, womit das Volk sie oft belästigt, auf heitere Weise beantworten, oder vielmehr ablehnen, war, wohl nicht für's Theater doch für gesellschaftliche Musik bestimmt, mußte aber, wegen Anzüglichkeit, unter die Paralipomena gelegt werden.

Musikalische Aufmunterung durch Zelters Gegenwart und durch Inspector Schützens Vortrag der Bachischen Sonaten.

Die Feierlichkeiten zur Ankunft des Herzogs aus dem glücklichen Feldzug erregten Vorbereitungen zu architektonischer Zierde der Straßen. Redaction einer Gedichtsammlung nachher unter dem Titel: Willkommen herausgegeben.

Indessen war die neue Ausgabe meiner Werke vorbereitet; der biographische dritte Band gelangte zu Jubilate in's Publicum. Die Italiänische Reise rückte vor, der Westöstliche Divan ward gegründet; die Reise nach den Rhein-, Main- und Neckargegenden gewährte eine große Ausbeute und reichlichen Stoff an Persönlichkeiten, Localitäten, Kunstwerken und Kunstresten.

In Heidelberg bei Boisserée's, Studium der niederländischen Schule in Gefolg ihrer Sammlung. Studium des Kölner Doms und anderer alten Baulichkeiten nach Rissen und Planen. Letzteres fortgesetzt in Darmstadt bei Moller. Alte oberdeutsche Schule in Frankfurt bei Schütz. Von dieser Ausbeute und reichlichem Stoff an Menschenkenntniß, Gegenden, Kunstwerken und Kunstresten mitgetheilt in der Zeitschrift Rhein und Main.

Naturwissenschaft wurde sehr gefördert durch gefällige Mittheilung des Bergrath Cramer zu Wiesbaden an Mineralien und Notizen des Bergwesens auf dem Westerwalde. Das Darmstädter Museum, die Frankfurter Museen, Aufenthalt bei Geheimerath von Leonhard in Hanau. Nach meiner Rückkunft Sorge für Jena.

Von öffentlichen Ereignissen bemerke ich die Einnahme von Paris, und daß ich der ersten Feier des achtzehnten Octobers in Frankfurt beiwohnte.